Die Ausdrucksanalyse - der Mensch im Zeichen des Ästhetischen

Das Seminar für Ausdrucksanalyse und Psychotherapie ist ein Schulen unabhängiges, transdisziplinäres Forum für professionellen Austausch, Aus- und Weiterbildung im  Feld von Psychotherapie, Kunsttherapie, Psychoanalyse, Medizin, philosophischer Ästhetik, Kulturwissenschaften und den Künsten.

Seit seiner Gründung 1984 fördert das Seminar das Studium psycho-ästhetischer Zusammenhänge und deren verstehens- und handlungs-orientierte Anwendungen in der Psychotherapie, den Kunst-Therapien (Bildende Kunst, Musik, Tanz), der Supervision, der Psychiatrie und Psychosomatik, Kunst-Pädagogik, im Kunstschaffen wie auch im Alltagsleben. Es fördert die Verbindung von Theorie und Praxis.

Der im Seminar praktizierte Ansatz gründet in einer anthropologischen Perspektive und in der Anerkennung der ästhetischen Verfasstheit von Lebenswirklichkeit, wie auf den Grundlagen psychoanalytischen Denkens. Ausgangspunkt sind Fragestellungen, welche das ästhetische Verhalten des Menschen als eigenständigen Zugang zum Selbst, zum Leib und zur Lebenswelt zum Gegenstand haben. Im Fokus steht insbesondere das Verständnis der ästhetischen Dimensionen von Gesundsein und Kranksein im bio-psycho-sozialen und kulturellen Kontext.

Der Begriff des Ästhetischen wird in einem erweiterten Sinn verwendet, der sich nicht einschränkend auf die Betrachtung / Produktion von Kunst-Schönem oder auf Fragen der Kreativität bezieht, sondern auf alle Weisen menschlicher Ausdrucks- und Wahrnehmungs-Tätigkeit, welche als unvertretbare, sinnlich-unmittelbare und mediale Wirk- und Sinn-Systeme erfahrbar sind (im Ausdruck des Leibes, in Symptom, Phantasietätigkeit und Traum, sozialen Interaktionen,  kulturellen und künstlerischen Werken, gleich wie in sprachsymbolischen Äusserungen).

Die ausdrucksanalytische Praxis sucht als Zugang zu Reflexion und Sinnstiftung das Ästhetische als Erkenntnisgegenstand und als Erkenntnisverfahren, als Haltung bzw. Einstellung in Bezug auf Wahrnehmung, Denken und Handeln. Im Zeichen des Ästhetischen wird im Seminar ein phänomenologisch-hermeneutischer Ansatz vertreten, der der Psychoanalyse / Psychotherapie, der Ästhetik und den Bildwissenschaften verpflichtet ist. Die Methode reflektiert theoretische Grundlagen sowohl der Psychoanalyse, Philosophie, Ästhetik, Kunstwissenschaften, Humanwissenschaften, wie auch der Neurowissenschaften und Medizin.

Das psychotherapeutische Geschehen verstehen wir in grundlegenden Aspekten als ästhetisch-poietische und hermeneutische Praktik. D.h. als einen wahrnehmungsgeleiteten intersubjektiv gestalteten und gestaltend wirkenden poietischen Vorgang der Begegnung, Abstimmung und Verständigung, im Bemühen um Entwicklung, Einsicht, Wandel und Verantwortung.
Im Zentrum des Engagaments steht das Subjekt in seinen Beziehungen, seiner Verortung in der Gesellschaft, seiner Leiblichkeit und dem komplementären Empfinden von Leiden und Geniessen. Befragte Momente sind dabei im Therapie- bzw. Supervisions-Prozess das szenische Geschehen und Erleben, das Wirken und Gestalten innerer und äusserer Welten und deren Ausdrucksformen. Dies unter besonderer Berücksichtigung der Darstellungs-Mittel, der Medien und ihrer Materialität sowie der formbildenden Kräfte und Relationen.

Ziel der Weiterbildung ist die Erarbeitung einer ästhetischen Kompetenz, welche Zugänge eröffnet zu vertieftem Verständnis bewusster und unbewusster psychischer Vorgänge und zu einer Erweiterung führt der eigenen Spielräume der Wahrnehmung, des Ausdrucks und der Selbstwirksamkeit im Tun und Erleben in der Therapie, im Alltag wie im Kunstschaffen. 

Letztlich geht es um Gestaltbarkeit und Verfügbarkeit des Ästhetischen als Vermögen zur Einsicht, wie als Kraft zum Wandel in Heilungsprozessen, in der Selbstbildung, im engagierten, verantwortungsvollen Umgang mit dem Andern - um Erschliessung von Möglichkeiten gelingenden Seins.